Schneckereien

Eine Schnecke bin ich:
weich, schleimig, ohne Rückgrat, feucht und glitschig.
Beileibe keine, die ganz nackt ist.
Zu mir gehört ein eignes Haus,
mit Platz genug für mich und für sonst keinen –
zieh ich mich mal zurück und auch mal raus.

Von einem Punkt zur ganzen Größe sich entfaltend
ist es spiralig angemalt, mein Haus.
Von gelb bis schwarz in allen Schattierungen,
leg auf Ästhetik ich sehr großen Wert.

Ich habe Zeit.

Wo Zeit doch heut'gen Tags sehr kostbar ist.
Meine Spuren in der Welt zu hinterlassen ist mir Bedürfnis.
Und dazu braucht es nur ein wenig Schleim.
Ein Rückgrat brauch ich nicht, es schadet dem Charakter.
Durch eignes Heim ganz autonom
will ich auch weich, flexibel und sensibel sein.
Und dazu hilft mir sehr das Wasser,
das hautnah mir Geschmeidigkeit verleiht.

Manchmal – so sag ich's frei –
kommt Paarungslust so über mich.
Dann streck ich meine Fühler aus,
auf denen Augen sich befinden und schaue,
ob ein Schneckenhengst nicht grade in der Nähe weilt.

Und wenn dann Schleim mit Schleim sich lustvoll tut verbinden,
gelingt mir wohl ein kleiner Schneckensprung.
Doch in mein Haus zieht er nicht ein –
getrennte Wohnung ist auch sein Prinzip.

So ziehen wir gemeinsm eine Zeit lang unsere Spur.
Verleben Glück in herrlichem Salat;
vermeiden Wesen, die uns drohen zu vernichten
und wissen uns vor Hitze und praller Sonne wohl zu schützen.

Und kriechen weg und sind schon da und immer gleich zu Haus
und fühlen, tasten, hart und weich und schnick und schnack
und kriechen rein und kriechen raus,
bis dann das Leben irgendwann zu Ende ist.

Und hart geworden, eingetrocknet
nur noch ein Schneckenhaus am Waldrand übrig bleibt.
Ein Mensch steckt's in die Tasche, vergisst es dort
und wirft es irgendwann zerbröselt fort.

Und auch die Schleimspur schwindet hin.
In diesem Falle – so ist es üblich –
fragt Mensch sich nach Zweck und Lebenssinn.