Leseprobe „Alles ganz easy in Santa Barbara“

Wir klingelten an einem schmiedeeisernen Gartentor. „Hi“, krächzte es aus dem Lautsprecher der Sprechanlage. „Hier sind Ihre Fensterputzer!“ rief Dolma fröhlich ins Mikrofon. Ein heftiger Summton – das Tor öffnete sich geräuschlos. Dolma sprang ins Auto zurück, und wir rollten über eine steile Asphaltauffahrt bergan. Plötzlich schossen zwei Schäferhunde hinter einer Hecke hervor und stürzten sich mit gefletschten Zähnen und rasendem Gebell auf unser Auto. Erschreckt kurbelte Dolma die Scheibe hoch. Langsam fuhr ich weiter, während die Hunde versuchten, ihre Zähne in die Reifen unseres Autos zu schlagen. Die Auffahrt endete vor einem Portal mit dorischen Säulen. Ich hielt den Wagen an. Die Hunde sprangen rechts und links an den Türen hoch, und wir starrten in ihre aufgerissenen Rachen.
Ohrenbetäubendes Bellen. Kein Mensch zu sehen. Dolma und ich schauten uns ratlos an. Aussteigen erschien uns als Wahnsinn. Ich drehte mein Fenster einen Zentimeter weit herunter und versuchte, die Hunde zu beruhigen. „Okay“, sagte ich mit tiefer, weicher Stimme. „Ist alles gut. Ihr seid brave Hunde, ganz brave Hunde...“ Aber die verdammten Köter gebärdeten sich nur noch wilder.
Um die Hausecke bog ein kleines Kind auf einem Fahrrad mit Stützrädern. Es hielt vor dem Auto an, steckte den Finger in den Mund und beobachtete uns neugierig. Dolma winkte dem Kleinen hysterisch zu, wie eine Schiffbrüchige, die auf hoher See einen Retter entdeckt hat. Das Kind reagierte nicht. Die Hunde waren außer sich. Ich drückte auf die Hupe, denn irgendetwas musste geschehen. An Umkehr war nicht mehr zu denken, denn das Parktor hatte sich wieder hinter uns geschlossen.
Im ersten Stock ging ein Fenster auf (ein französisches Fenster mit lauter kleinen, dreckigen Scheiben!) und eine junge, blonde Frau winkte uns freundlich zu. „Kommt herein!“ rief sie. „Die Haustür ist offen!“ Schon war sie wieder verschwunden. Die Hunde bellten und kratzten hysterisch mit ihren Tatzen am Fenster. Der Kleine nahm seinen Finger aus dem Mund und grinste erwartungsvoll. Wir blieben sitzen. „Scheißjob!“ sagte ich, aber Dolma wollte sich kein schlechtes Gewissen machen lassen. „Warte doch erst mal ab!“ zischte sie. Die blonde Dame erschien in der Tür und rief die Hunde. Sie zogen sich ein paar Meter vom Auto zurück, behielten uns aber unverwandt im Blick und knurrten böse. „Kommt doch herein“, rief die Dame und blieb hinter den dorischen Säulen stehen.
„Du bist der Mann“, sagte Dolma entschieden, „du gehst zuerst!“ Ich war aufgebrochen, um ein paar Dollar beim Fensterputzen zu verdienen – und nun stand ich vor einem unmöglichen, zweistöckigen Haus mit französischen Scheiben und musste mich zwei zähnefletschenden wilden Tieren stellen. Mit einem letzten tiefen Blick nahm ich Abschied von Dolma, stieß die Tür auf und stieg aus dem Auto. Die Hunde knurrten, aber sie rührten sich nicht. Also drückte ich die Brust heraus, machte einen Bogen um die Tiere, schritt locker auf das Haus zu und stellte mich vor: „Ich bin Andy, Ihr Fensterputzer!“
„Hi, Andy“, sagte die nette junge Dame, und ich drehte vorsichtig meinen Kopf nach hinten, weil ich den Hunden nicht traute und weil ich wissen wollte, was meine Kollegin Dolma im Schilde führte. Dolma saß immer noch im Auto. Ich gab ihr ein Zeichen, näher zu treten.
„Ich heiße Leslie Collins. Eine Freundin hat mir Ihren Handzettel gegeben“, sagte unsere Kundin. „Nett, dass Sie gleich gekommen sind.“
„Danke“, sagte ich. „Wir hatten zufällig gerade einen freien Termin im Programm...“
„Hi!“ hörte ich Dolmas Stimme hinter mir. „Sind Ihre Hunde immer so freundlich?“ Mrs. Collins lachte. „Kommen Sie nur! Die Hunde gewöhnen sich schnell an Sie.“ Dolma machte auf Zehenspitzen einen großen Bogen um die Hunde und gesellte sich zu uns. Wir kamen zur Sache. Hausbesichtigung. Wir mussten einen Kostenvoranschlag machen – unseren ersten. Das Haus war eine Katastrophe. Im ersten Stock konnten wir mit unserer Teleskop-Stange nichts ausrichten, und eine Leiter hatten wir nicht. Im Erdgeschoß musste man die Fenster durch Hecken und Blumenbeete zu erreichen versuchen. Und von innen sah es nicht besser aus – an manche Fenster kam man nur heran, wenn man schwere Möbel beiseite rückte und Blumentöpfe und zerbrechlichen Nippes von den Fensterbänken abräumte. Ich war fest entschlossen, den Job abzuschmettern, und so wartete ich nicht darauf, was Dolma zu sagen hatte. Ich stemmte die Fäuste in die Hüften, schaute der netten blonden Mrs. Collins unverfroren in die Augen und sagte: „Das ist ein Hundertfünfzig-Dollar-Job!“
Hundertfünfzig Dollar würde sie jedenfalls nicht bezahlen – es war ein Phantasiepreis, der mir spontan über die Lippen gekommen war. Ich sah, wie Dolma zusammenzuckte. Mrs. Collins zeigte keine Wirkung.
„Mit Neujahrsrabatt?“ fragte sie nur. Und ich antwortete schnell: „Ja, den haben wir schon berücksichtigt.“ Dolma schaute mich besorgt an. Sie glaubte wahrscheinlich, ich sei übergeschnappt. „Das habe ich mir schon gedacht“, sagte Mrs. Collins. „Letztes Mal habe ich 300 Dollar bezahlt.“
Ich dachte, mich rührt der Schlag. 300 Dollar! Das war wahrscheinlich der angemessene Preis! Das verlangte der Fachmann! Ich hatte – ahnungslos wie ich war – den Arbeitsaufwand mit Sicherheit katastrophal unterschätzt.
„Können Sie gleich anfangen?“
Ich überlegte fieberhaft, wie wir uns aus der Affäre ziehen könnten. „Wir haben leider unsere Leiter nicht dabei“, sagte ich und dachte, wenn wir hier erst mal heraus sind, lassen wir uns nie wieder sehen. „Kein Problem“, sagte Mrs. Collins hilfsbereit. „Wir haben eine Leiter in der Garage. Die haben auch die anderen Fensterputzer benutzt.“ Wir saßen in der Falle! Der Kleine schaute zu uns auf und feixte. Die Hunde knurrten immer noch. Dolma sagte: „Okay, dann kann’s ja losgehen!“ Ich hätte sie am liebsten erwürgt!
Es war noch früh am Vormittag. Wir holten unser Gerät aus dem Auto. Die Hunde wichen nicht von unserer Seite. Der Kleine stellte sich auf die Zehenspitzen und untersuchte den Kofferraum. In der Küche bereiteten wir die Eimer vor – ein satter Schuss Ammoniak, ein Esslöffel Essig, warmes Wasser. Ich holte die Leiter aus der Garage. Wir klemmten jede Menge Windeln unter unsere Gürtel und zogen die Gummihandschuhe an. Dolma sagte: „Wollen wir innen anfangen?“ Ich hatte nichts dagegen.
Wir stürzten uns in die Arbeit. Vertrauensvoll, wie die Amerikaner sind, ließ uns unsere blonde Kundin mit den Hunden und ihrem kleinen Sohn allein und fuhr zum Einkaufen. Während wir auf Küchenstühlen standen und die kleinen Scheiben der französischen Fenster putzten, lagen die Hunde mit der Schnauze zwischen den Pfoten auf dem Teppich und ließen uns nicht aus den Augen.
Mit dem Kleinen hatten wir uns bald angefreundet. Er schleppte einen dritten Küchenstuhl herbei, holte sich eine Windel aus dem Karton und machte sich über das nächstbeste Fenster her. Wir hätten ihn im Auge behalten sollen, aber wir waren so total mit unserer Aufgabe beschäftigt, dass uns die Arbeitsmethode des Kleinen erst ziemlich spät auffiel: er kam vom Stuhl herunter, tauchte seine Windel in den Eimer, und während er mit dem triefenden Lappen zu seinem Fenster zurückkehrte, zog er eine nasse Ammoniakspur auf das Parkett. Wir wischten sofort den Boden auf. Zu spät: das Ammoniak hatte sich schon in die Politur gefressen und erschreckend glanzlose Flecken hinterlassen. Was die scharfe Chemikalie mit den Teppichen machen würde, die leider auch in Mitleidenschaft gezogen worden waren, konnte man noch nicht übersehen. Wir gingen mit kaltem, klaren Wasser auf sie los, aber wahrscheinlich hatte schon ein langfristiger Zerstörungsprozess begonnen, der sich nicht mehr rückgängig machen ließ.
Während Dolma und ich die Teppiche putzten, fiel der Kleine mit seinem Küchenstuhl um und riss den Eimer mit. Geschrei. Rasendes Hundegebell. Das trübe Ammoniakwasser ergoss sich über Parkett und Teppiche, floss unter das Klavier, unter das schwere Sofa, unter eine mit wertvollem Porzellan gefüllte Glasvitrine. Dolma hob das schreiende Kind auf. Ich holte eine Praline aus der Silberdose, die auf dem Couchtisch stand und stopfte sie dem Kleinen in den Mund. Die Hunde wedelten begierig mit dem Schwanz. Ich warf ihnen eine Handvoll Pralinen zu, aber sie leckten nur lustlos an den Süßigkeiten. Schokoladenflecke auf den Teppichen – das fehlte noch! Ich warf mich auf den Boden, um die Pralinen wieder einzusammeln, aber da wurden die Hunde unheimlich wütend. Der Kleine hatte mehr Glück. Er grabschte einem der Hunde eine Praline vor der Nase weg und stopfte sie in den Mund. Der Hund guckte verblüfft und ließ es sich gefallen.
Ich leerte den anderen, noch vollen Eimer aus, und wir rutschten atemlos auf dem Bauch über den Boden, um das Ammoniakwasser mit den Schwämmen aufzusaugen. Auch der Kleine rutschte mit. Erst jetzt fiel mir ein, dass er keine Gummihandschuhe trug und mit bloßen Fingern in der ätzenden Brühe herumplanschte. Ich sprang auf, griff den Kleinen am Arm und zerrte ihn hinter mir her zum nächsten Badezimmer. Er leistete entschlossenen Widerstand und schrie wie am Spieß. Dolma lugte unter dem Couchtisch hervor. „Was ist denn nun schon wieder los?“ rief sie.
„Wir müssen deine Patschhändchen waschen!“ redete ich freundlich auf den Kleinen ein. „Das Wasser ist baba!“ Und ich verzog schaudernd das Gesicht. Jetzt begriff auch Dolma, um was es ging: „Ach du heilige Scheiße! Keine langweilige Minute!“ Im Badezimmer gelang es mir endlich, den Kleinen zu beruhigen. „Wenn die Mami kommt und sieht, dass du in dem Baba-Wasser planschst, dann wird sie ganz böse“, versuchte ich ihn einzuschüchtern – und hoffte, dass die Mama nie wiederkommen würde. Dann brachte ich den Kleinen ins Wohnzimmer zurück, entschlossen, ihn keine Sekunde mehr aus den Augen zu lassen.
Dolma lag immer noch auf dem Boden und streckte ihren Arm unter die Glasvitrine. Das gebrechliche Möbel stand auf wackeligen Beinen und fing an, zu schwanken. Plötzlich klirrte das Meißner Porzellan. „Pass auf!“ schrie ich und schloss die Augen. Als ich sie wieder aufmachte, saß Dolma mit eingezogenem Kopf vor der vibrierenden Glasvitrine und redete leise und eindringlich auf das Porzellan ein: „Okay, okay, schön stehen bleiben! Okay, so ist’s brav, okay…“
Motorengeräusch. Mrs. Collins kehrte vom Einkaufen zurück. Ich warf mich wieder auf den Boden und half Dolma fieberhaft beim Aufwischen. Wir rückten die Möbel zurecht und sprangen mit unseren Squeegees an die Fenster zurück. In dem Augenblick betrat Mrs. Collins den Salon. Der Kleine sagte: „Mami, das Wasser ist baba!“ Unsere Kundin blieb Gott sei Dank in der Türe stehen. Von dort konnte sie die nassen Flecken auf dem Teppich nicht sehen. „Immer noch im Wohnzimmer?“ wunderte sie sich. „Ich sehe schon, Sie machen es sehr gründlich.“ Zufrieden nahm sie ihr Söhnchen auf den Arm und zog sich zurück.
Die ersten anderthalb Stunden waren vergangen, und wir hatten noch so gut wie nichts geputzt. Aber jetzt, wo der Kleine aus dem Wege war, ging es schneller voran. Ich hatte gehofft, dass wir den Job in acht Stunden machen könnten, aber es dauerte fast sechs Stunden, bis wir mit den Fenstern innen fertig waren. Draußen, wo wir mit der Leiter im Gebüsch und in den Beeten manövrieren mussten, würde es jedenfalls wesentlich länger dauern. Jeden Augenblick erwarteten wir, dass Mrs. Collins die Ammoniakspuren auf dem Wohnzimmerboden entdecken und in schrille Entsetzensschreie ausbrechen würde.
Erst wollten wir mit den Fenstern im Erdgeschoß anfangen, aber dann fiel uns glücklicherweise noch rechtzeitig ein, dass es zweckmäßiger war, oben anzufangen, denn beim Putzen würde unvermeidlich Wasser abtropfen und auf die unteren Fenster treffen, die wir dann ein zweites Mal hätten putzen müssen. Allerdings konnten wir nicht zu zweit auf der Leiter stehen. Dolma schlug vor, dass ich aufsteige und sie unten bleibt und die Leiter festhält. Vorhin war sie ängstlich im Auto sitzen geblieben und hatte mich praktisch den Hunden zum Fraße vorgeworfen, und nun erwartete sie, dass ich wie ein Zirkusakrobat mein Leben in schwindelnder Höhe riskierte, während sie unten dekorativ ihre manikürte Hand auf die Sprosse legte und vorgab, meine Nummer abzusichern. Dabei wollte sie sich doch in Wahrheit nur einen faulen Lenz machen!
Andererseits sah ich ein, dass ich hier als Mann gefordert war. Ich musste Mut zeigen, mit gutem Beispiel vorangehen und meinem Berufsrisiko sozusagen unerschrocken ins Auge blicken. Dabei war mir bewusst, dass professionelle Fensterputzer, genau wie die Dachdecker und Schornsteinfeger, ohne Sicherheit in halsbrecherischen Höhen arbeiten. Es würde auf Mrs. Collins einen ganz schlechten Eindruck machen, wenn Dolma die nächsten Stunden nur damit zubrachte, die Leiter festzuhalten. Wahrscheinlich war Mrs. Collins sowieso schon misstrauisch geworden, weil wir nur so langsam vorwärts kamen. So schlug ich vor, dass Dolma im Haus blieb und versuchte, von innen an die Außenseite der Fenster heranzukommen, soweit das irgendwie möglich war. Dolma war einverstanden.
Ich goss etwas Wasser ab, hing mir einen Eimer an den Gürtel und erklomm die Leiter langsam, Sprosse für Sprosse. Erst als ich oben angekommen war und mich und meinen Eimer auf der schwankenden Leiter einigermaßen stabilisiert hatte, bemerkte ich, dass die Fenster mit Fliegengittern gesichert waren, so dass man von außen gar nicht an die Scheiben herankommen konnte! Dolma hatte meinen dramatischen Aufstieg beobachtet und sah es im gleichen Augenblick. „Ach, du heilige Scheiße!“ rief sie von unten, und ich hoffte, dass Mrs. Collins sie nicht verstehen würde. Ich hatte nämlich das Gefühl, dass unsere Kundin uns aus einem sicheren Versteck ständig beobachtete.
Fliegengitter! Das war ja wohl das Letzte. Ich hätte es natürlich wissen müssen. In Santa Barbara haben alle Fenster Fliegengitter, obwohl es überhaupt keine Fliegen gibt. Das Fliegengitternetz war auf einen Aluminiumrahmen gespannt, und der Rahmen steckte in beweglichen Halterungen, die am Fensterrahmen angebracht waren. Ich schaute mir den Mechanismus genau an – entschlossen, auch diese Krise zu überwinden. Immer wieder wurde es mir bewusst: es gab kein Zurück mehr. Wir mussten irgendwie mit dem Job fertig werden! Ein Schraubenzieher war das mindeste, was man zur Entfernung der Gitter brauchte, und ich rief Dolma zu, sie möge sich in der Garage umsehen, denn dass wir auch einen Schraubenzieher brauchen würden, hatte mir Anam leider nicht verraten. Dolma rannte los und kam ewig nicht wieder. Ich stand mit meinem Eimer am Gürtel auf der Leiter, kam mir unheimlich doof vor und war wütend. Hatte sie sich von Mrs. Collins zum Tee einladen lassen? Gerade als ich absteigen und nach ihr suchen wollte, kam sie zurück und schwenkte triumphierend einen Schraubenzieher über ihrem Kopf. „Gefunden!“ rief sie.
„Kannst du ihn mal rauf bringen?“
„Ich?“
„Ich wüsste nicht, wer sonst.“
„Kannst du nicht runterkommen?“ Sie blieb wie angewurzelt am Fuß der Leiter stehen, und ich dachte empört, wenn sie den Schraubenzieher nicht rauf bringt… Aber da kam sie schon, ganz langsam und vorsichtig, und ich hatte Mitleid mit ihr, kam ihr entgegen und nahm ihr den Schraubenzieher ab. Kurz darauf ließ ich das erste Fliegengitter herunterfallen. In dem Augenblick kam Mrs. Collins und sagte: „Die anderen Fensterputzer haben die Fliegengitter mit ‚Dove‘ abgeschrubbt.“
Dolma sperrte entgeistert den Mund auf. „Mit was??“
Ich stand oben auf der Leiter und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Dass auch die Fliegengitter gewaschen werden sollten, hätte ich nicht im Traum erwartet. Anam! Warum hatte der Idiot denn davon gar nichts gesagt?
„Mit ‚Dove‘“ wiederholte Mrs. Collins. „Das Geschirrspülmittel, kennen Sie das nicht?“
„Ach so“, sagte Dolma. „Natürlich!“
„Und was benutzen Sie?“ fragte Mrs. Collins.
„Wir haben unser ‚Dove‘ vergessen. Haben Sie welches im Hause?“ rief ich von oben.
„Klar“, sagte Mrs. Collins und war die Hilfsbereitschaft in Person. Jetzt war die Arbeitsteilung klar: ich würde oben auf der Leiter mein Leben riskieren und Dolma unten die Fliegengitter mit ‚Dove‘ und einer Handbürste schrubben. Die Sonne senkte sich schon über den Horizont. Es konnte keine Rede davon sein, dass wir vor Einbruch der Dunkelheit mit der Arbeit fertig sein würden. Der Job nahm kein Ende.
„Sie können die Leiter und Ihre Sachen stehen lassen“, sagte Mrs. Collins gutmütig, als wir im Dunkeln unser Gerät zusammensuchten. „Sie sind ja morgen früh wieder hier.“ Es war sechs Uhr abends. Wir hatten neun Stunden gearbeitet und waren total geschafft.
Also ließen wir alles stehen und liegen und verabschiedeten uns. Die Hunde wedelten mit dem Schwanz und begleiteten uns zum Auto. Der Kleine erschien, Lätzchen um den Hals, in der Haustür, winkte uns zu und rief: „See you!“ Er freute sich schon auf die nächste Runde. Als wir durch das schmiedeeiserne Tor rollten, das sich vor uns in geisterhafter Geräuschlosigkeit öffnete, fiel mir Dolma um den Hals und brach in ein hysterisches Gelächter aus. Und wir lachten beide, bis wir zu Hause waren.
Beim Abendessen gaben wir unsere Fensterputzergeschichte zum besten und lösten am St.-Francis-Way orkanhafte Heiterkeit aus. Das war gewöhnlich die beste Stunde des Tages, wenn wir mit roten Ohren und glänzenden Augen abends bei Tisch saßen, unsere Erlebnisse austauschten und Tränen lachten. Unsere Lage war hoffnungslos, aber nicht ernst. Das Leben war lustig und wir genossen es. Wir hatten wahrscheinlich mehr Spaß am Leben als die Leute, für die wir arbeiteten, die Herrschaften mit den großen Häusern, den dicken Scheckbüchern und den klotzigen Autos. Denn das Beste in Santa Barbara war umsonst zu haben: der blaue Himmel, die Sonne, die Berge, der Strand, die schöne Stadt und die gute Laune.